Mostafa Shoaeeian, der Kämpferische Kommunist, der in einer bewaffneten Auseinandersetzung mit der Geheimdienstsparrat des Pahlavi-Regimes ermordet wurde, hatte sich mal so ausgedruckt: „ Über einen Kommunisten stellt sich dieser Punkt ohnehin nicht, dieser Punkt betrifft auch nicht einen/er mittelmäßigen RevolutionärIn, aber auch wenn er  nur einen einfachen Menschen, einen progressiven Menschen in seiner Zeit betrifft, dieser Mensch wird immer, was die Reflexion auf sein Verhalten betrifft, zwei Optionen haben: 1) Wenn er sein Verhalten und seine Gedanken richtig findet, steht er mit seinem hochgehaltenen Kopf einfach dazu, auch wenn die ganze Welt ein Mythos von denjenigen ist, die sich ganz entschlossen dagegen stellen und ihre Feindschaft ankündigen.           2) wenn er seine Gedanken und sein Verhalten nicht richtig findet, auch wenn keiner es gemerkt hat und darauf aufmerksam gemacht hat, stellt er sich hin, gesteht er seinen Fehler mit einer lauten Stimme ein und damit geht er nicht nur reflektiert mit seinem eigenen Fehler um und versucht, sich zu verbessern, sondern macht sich auch zum Vorbild solches Verhaltens.

Am Samstag den 13. Januar 2018 haben wir, eine Aktionsgruppe bestanden aus revolutionären KommunistInnen und SozialistInnen aus dem Iran, die im Exil leben und sich „The Grapes of the Wrath“ genannt haben, die Bühne der Rosa Luxemburg Konferenz für paar Minuten besetzt. Nachdem wir drei Statements auf Englisch, Farsi und Deutsch gelesen hatten, haben wir die Aktion beendet und in „Begleitung“ von Sicherheitsteam den Konferenzsaal verlassen. Dieser Aktion zufolge wurden wir in verschiedenen linken Kreisen innerhalb der deutschen Linke unter anderem auch von GenossInnen von uns, mit denen wir zusammen gearbeitet hatten, kritisiert. Die Kritiken haben sowohl die Form als auch den Inhalt dieser Aktion betroffen. Wir – inspiriert von den Lehren, die Mostafa Shoaeeian uns hinterlassen hat_ haben uns dafür entschieden, in einer Stellungnahme unsere Position zu der Diskussionen über diese Aktion zu verkünden.

Erstens: Es wurde gefragt, Warum Besetzung? Gab es keine bessere Form der Aktion, um die Solidarität der TeilnehmerInnen dieser Konferenz zu verlangen? Vielleicht gab es auch andere Formen. Um die sofortige Aufmerksamkeit der teilnehmenden Sektoren in dieser Konferenz zu erreichen, gab es aber keine bessere Alternative. Die Reichweite der Reaktionen auf diese  Aktion ist der beste Beleg dafür, dass wir den richtigen Weg gegangen sind und somit konnten wir die Aufmerksamkeit  der Linken auf den existierenden Widerstand im Iran lenken. Wir denken immer noch wie vorher nicht, dass die Tribüne der Rosa Luxemburg Konferenz nur den VeranstalterInnen und OrganisatorInnen dieser Konferenz gehört. Solche Tribünen und Möglichkeiten gehören allen kommunistischen und revolutionären Bewegungen in der ganzen Welt und sind die Errungenschaften der Jahrzehnten des Widerstands von KommunistInnen und ArbeiterInnenklasse in der ganzen Welt. Als wir in dem englischen Statement geschrieben haben, dass „Diese Besetzung nicht als Sabotage der Konferenz aufgenommen werden sollte, weil wir der Meinung sind, dass die Stimme der Revolutionäre aus ihrer eigenen Tribünen heraus gehört werden sollte“, wussten wir ganz genau, dass diese Tribüne nicht so einfach den Anderen angeboten wird. Trotzdem haben wir erwartet, dass die KommunistInnen und Revolutionären, die sich von der ganzen Welt an dieser Konferenz teilgenommen haben, die Geduld hätten, sich 17 Minuten die Stimme derjenigen anzuhören, die von den Widerständen der Unterschichten und der ArbeiterInnenklasse im Iran erzählen. Gleichzeitig war unsere Aktion ein Protest, der sich gegen die veröffentlichten Position (über den Iran) der einigen VeranstalterInnen dieser Konferenz richtete. Unter anderem die Zeitung „junge Welt“, die eine der meist gelesenen und beliebtesten linken Zeitungen in Deutschland ist.

In der letzten Wochen hat die  junge Welt mehrere Berichte über die Aufstände der Unterschichten im Iran veröffentlicht. Wir nennen hier paar Beispiele. In der Ausgabe der junge Welt am 02.01.2018, also fünf Tage nachdem die Aufstände im Iran angefangen hatten, hat die Zeitung einen kurzen konservativen Bericht mit dem Titel „Unmut über die Regierung“1  publiziert, in dem sehr verallgemeinert über den Anfang der Aufstände berichtet wurde. Der Bericht wurde damit beendet, dass er sich auf Rohanis Ansage bezogen hatte, wo er über die Meinungsfreiheit geredet und auch die soziale Probleme eingestanden habe und dabei erwähnt habe, dass deren Lösung »nicht leicht« sei und »Zeit braucht« und Kritik sei aber etwas völlig anderes als Gewalt und die Beschädigung öffentlichen Eigentums.

 Diese Zeitung hat am 04.01.2018 einen Bericht mit dem Titel „Teheran hält Aufstand für besiegt“2 veröffentlicht, in dem als Titelbild ein Bild der vom Regime organisierten Demonstration gegen die Aufstände verwendet wurde. Der Bericht hat sich auf die Ankündigungen von Chamenei, der religiöse Führer des iranischen Regimes, Mohammad Ali Dschafari, der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, und Rohani, der Präsident, bezogen und hat über Zehntausenden DemonstrantInnen berichtet, die das Regime befürworteten. Dieser Bericht wurde in der Zeit veröffentlicht, als die Aufstände noch präsent waren, das Regime sie noch nicht trotz aller Repressionsmaßnahmen besiegen konnte und die Versuche des Regimes durch Ausnahmezustandserklärung sie zu besiegen und die vom Regime organisierten Demonstration durchzusetzen, auch scheiterten.

Das ist aber auch nicht alles. Am 05.01.2018 hat die junge Welt noch einen anderen Bericht mit dem Titel „Teheran bleibt selbstbewusst“3 publiziert. In diesem Bericht hat sie die Aufstände endgültig für besiegt erklärt und das Regime für endgültiger Sieger dieser Auseinandersetzung erklärt und in dem selben Atemzug die  „Westlichen Medien“ dafür kritisiert, dass sie die „Massen“; die das iranische Regime befürworten, nicht als „Bevölkerung des Irans“ zählen. Diese Position der  jungen Welt war für uns weder merkwürdig noch neu. Als 2009 die Aufstände im Iran losgingen, hat diese Zeitung nicht nur diese Aufstände mehrmals als „Farbrevolution“ diffamiert, sondern auch ein ausführliches Interview mit dem damaligen Botschafter des Irans in Berlin geführt, in dem er die Position des iranischen Regimes verkündete. Nur nachdem diese Zeitung mit der Besatzung ihres Verlages bedroht wurde, haben sie paar Seiten von der Zeitung den linken IranerInnen und nicht IranerInnen angeboten, die diese Bewegung unterstützten. So gesehen war unsere Aktion einerseits die Aussprache der Revolutionären aus ihrer eigenen Tribünen heraus aber auch gleichzeitig eine Form Protest gegen solche Positionen. Wir betrachten das als unser Recht wieder solche Aktionen zu führen, wenn sich solche Haltungen von Zeitungen, Parteien, Organisationen und linke Regierungen wiederholen. Für uns ist das Erreichen der Solidarität von linken kommunistischen revolutionären Kräften wichtig und nicht die Zusammenarbeit mit den westlichen und imperialistischen Institutionen. So betrachten wir auch als unser Recht solche Mitteln dafür zu benutzen.

Zweitens: Es wurde gefragt, Warum Iran für uns so eine Wichtigkeit hatte, so dass wir erwartet haben, dass die VeranstalterInnen einer Konferenz wie Rosa Luxemburg innerhalb so einer kurzen Zeit sich darüber zu äußern? Für uns hat natürlich der „Iran“ keine Besonderheit. Was für uns als revolutionäre KommunistInnen, die aus dem Iran kommen, eine Wichtigkeit und Besonderheit hatte, waren „die Aufstände der Unterschichten“ im Iran. Nach Jahrzehnten von Klassenunterdrückung, nach Jahrzehnten von Aussetzung der Minderheiten, sind diejenige auf die Straßen gekommen und die herrschende Ordnung attackiert, die gar keine Rechte hatten. Sie haben nicht nur gegen die höchsten Figuren des Staates im Iran gesprochen, sondern die vom Staat abhängigen Organen attackiert und gegen die staatlichen Repressionsapparats gekämpft. Unsere Aktion ist in der Zeit unternommen worden, nachdem in mehreren Städten Irans eine Art Ausnahmezustand  in Form von Ausgangssperre und Militarisierung der Straßen erklärt wurde, Tausenden von Leuten in ungenauen Zuständen im Haft festgenommen wurden und sind, Dozenten mit dem direkten Schuss auf der Straße ermordet wurden und als es jeden Tag Nachrichten über die Ermordung der Gefangenen unter Folter gegeben hat. Wenn diese Situation für eine/n Kommunisten/in keine Notwendigkeit hervorruft, über den Iran zu sprechen, dann was wäre „Eine notwendige Situation“? Die Meisten von uns - die TeilnehmerInnen an dieser Aktion - sind Menschen, die an mehrere Demonstrationen und Proteste für andere unterdrückte Völker der Welt teilgenommen haben. Unsere kämpferische Kraft wurde nie nur für den „Iran“ verwendet. Viele von uns wurden wegen  der Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand gegen das Besatzungsregime Israel und gegen dessen Agenten und UnterstützerInnen, nämlich dessen UnterstützerInnen innerhalb der deutschen Linke, angegriffen und als Antisemitinnen diffamiert. Viele von uns haben an Demonstrationen für Solidarität mit den Wiederständen in Griechenland, Spanien, Rojava, Türkei, Ägypten, Tunesien und  in anderen Ländern teilgenommen und  waren auch bei den aktuellen Kämpfen in Deutschland, wie bei der Flüchtlingsbewegung, und bei den Antifaschistischen und Antikapitalistischen Kämpfen aktive gewesen . Aber wir haben auch das Recht aus Loyalität den tausenden KommunistInnen und RevolutionärInnen im Iran gegenüber, die nach der Entstehung der islamischen Republik Irans ermordet wurden, aus Loyalität der ArbeiterInnenklasse und Unterschichten im Iran gegenüber, internationale Solidarität mit diesen Kämpfen zu verlangen und gegen die schändlichen Positionen einiger Teile der linken Kräften, die das iranische Regime unterstützen, zu protestieren.

Drittens: Wir akzeptieren, dass in unserer deutschen Rede und deren Text, die mit den persischen und englischen Versionen nicht identisch waren, viele Fehler und Schlüpfen zu finden sind. Beispielsweise haben wir in den folgenden Absätzen unseres Texts, trotz der Deutung auf unsere Kritik an einige Sektoren der deutschen Linke im ersten Absatz, den verallgemeinernden Begriff „deutsche Linke“ verwendet, der diese Annahme kreieren konnte , dass wir aus den linken Kräften in Deutschland, die aus verschiedenen Kräften und Organisationen bestehen, eine homogene und kohärente Totalität gemacht hätten, um sie zu attackieren. Wir hätten den Begriff „bestimmte Sektoren der deutschen Linken“ wiederholen müssen und auch es klar machen sollen, welche Sektoren wir meinen und warum sie gemeint sind, was wir nun mit Verspätung im ersten Teil dieses Textes versucht haben. Wir akzeptieren, dass wir in der deutschen Version einige Worte und Begriffe wegen Vernachlässigkeit haben stehen lassen. Vielleicht könnten wir diese Fehler rechtfertigen, aber wir bevorzugen, die Verantwortlichkeit die Fehler kollektiv zu übernehmen und uns selbst und laut und reflektiert kritisieren. Unsere Vergangenheit, sowohl als Einzelner wie auch als verschiedene Kollektiven die Teil der Aktionen waren, zeigt es, dass wir diese ( die Verallgemeinerung und Unterstellung) nie vorgehabt haben. Es gibt  viele Kräfte innerhalb der deutschen kommunistischen Bewegung, an deren revolutionären Ehrlichkeit wir glauben. Mit einigen Teilen von den haben wir schon zusammengearbeitet und werden weiterhin mit solchen Kräften zusammen arbeiten.

The Grapes of the Wrath – Eine Aktionsgruppe aus revolutionären KommunitInnen aus dem Iran im Exil.

Notwendige Erklärung: „The Grapes of the Wrath“ ist ein temporärer Name, den wir für diese eine   Aktionsgruppe gewählt hatten. Hätte es nicht die Notwendigkeit der Veröffentlichung dieser Stellungnahme gegeben, hätten wir nicht mehr  diesen Name verwendet.

23.01.2018

1 https://goo.gl/b2hBdM

2 https://goo.gl/tNUfet

3 https://goo.gl/aASNWd

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